Burg Warberg im Landkreis Helmstedt bietet ein reizvolles Ambiente für besondere Festlichkeiten und intensive Weiterbildungen. Die Menschen, die am vergangenen Samstag hier tagten, wollten miteinander und voneinander lernen. Die Hospizvereine der Region hatten ihre Ehrenamtlichen zu diesem Fortbildungstag eingeladen. Helga Hoffmann, eine Teilnehmerin, resümierte: „Ich bin reich beschenkt worden durch informative Vorträge, Workshops, Gespräche – und das alles in einem außerordentlich wertschätzenden Rahmen.“ Das war das nahezu übereinstimmende Fazit der fast hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Die Themenpalette traf bei den Ehrenamtlichen, die in der Sterbebegleitung und Trauerbegleitung tätig sind, auf große Resonanz. Aus Helmstedt, Wolfenbüttel und Braunschweig, aber auch aus Salzgitter, Peine, Wolfsburg und Gifhorn waren die (überwiegend weiblichen) Teilnehmer angereist.
Ein Thema zog sich durch den ganzen Tag: die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe. So stellte Petra Scholz-Marxen von der Hospizarbeit Wolfsburg in ihrer Begrüßung fest: „Es ist Aufgabe der ganzen Gesellschaft und damit auch unsere Aufgabe, dass der assistierte Suizid in Deutschland nicht zur Normalität wird.“
Volkmar Schmuck, Klinikseelsorger aus Wolfenbüttel, setzte sich in einem Vortrag sehr differenziert mit „Essen und Trinken am Lebensende“ auseinander. So kann es ganz verschiedene Gründe geben, warum ein Mensch nicht mehr isst und trinkt. Nicht immer handelt es sich dabei um die bewusste Entscheidung, sterben zu wollen. Hier ist der Austausch aller Beteiligten gefragt. „Sie als Hospizbegleiter können sich als Anwalt für den Kommunikationsprozess verstehen“, so Pastor Schmuck. „Sie können das Gespräch initiieren, damit die Familie zu einem verträglichen Ergebnis kommt.“ Bei der Entscheidung für selbstbestimmtes Sterben wird allzu leicht übersehen, wie sehr Menschen auf Dauer leiden können, wenn ein ihnen Nahestehender letztlich nicht eines natürlichen Todes gestorben ist.
Um Angehörige ging es auch in dem Vortrag von Ute Reimann aus Hannover. Anhand zahlreicher Beispiele aus 25 Jahren Hospizarbeit setzte sie sich mit dem Trauerprozess auseinander. Trauer beginnt bereits mit der Diagnose einer schweren Erkrankung und kann auch viele Jahre nach dem Tod schubweise wiederkehren.
Reimann erinnerte daran, dass Trauernde ganz unterschiedlich reagieren können: „Ein trauernder Mensch muss nicht weinen.“ Und sie appellierte: „In der Trauer gibt es kein Richtig oder Falsch. Wir als Ehrenamtliche müssen offen sein – auch für Reaktionen, die uns fremd sind.“
Ein besonderes Augenmerk lenkte die erfahrene Hospizfrau auf die Zeit zwischen Tod und Bestattung. Sie machte auf die wichtige Beobachtung aufmerksam, dass Menschen, die diese Zeitspanne nutzen und sich sehr persönlich und bewusst von dem geliebten Menschen verabschieden, oft leichter durch ihre Trauer kommen.
Hier setzte auch einer der sieben Workshops an: Totenfürsorge. Wie möchte ich mich von dem oder der Verstorbenen verabschieden? Was möchten wir als Familie tun? Wie ein roter Faden zog sich durch die Sammlung von Abschiedsritualen der Hinweis: Es ist wichtig, sich Zeit zu lassen. Was viele nicht wissen: Menschen, die zu Hause sterben, dürfen noch 36 Stunden lang in der Wohnung bleiben. So können sich alle in Ruhe an einem heimeligen Ort verabschieden, jeder auf seine ganz persönliche Art.
Voneinander lernen stand auch in weiteren Workshops im Mittelpunkt: Wie erkenne ich in der Begleitung von Sterbenden „Sätze mit doppeltem Boden“, die auf die spirituellen Fragen und Bedürfnisse eines Menschen verweisen können? Wie kann ich darauf eingehen? Was gilt es in der Kommunikation mit Angehörigen zu beachten?
Nicht zuletzt ging es auch um Selbstfürsorge, sich immer wieder seiner grundlegenden Bedürfnisse bewusst zu werden. Denn nur wer mit sich selbst in Balance ist, kann für sterbende und trauernde Menschen ganz da sein – Halt geben und unterstützend wirken. Und wird nur dann auch dazu beitragen können – wie es Petra Scholz-Marxen eingangs andeutete –, dass der assistierte Suizid in unserer Gesellschaft absoluten Ausnahmesituationen vorbehalten sein muss.